Als wir am Sonntagmorgen in Jena losfuhren, ahnten wir noch nicht, dass uns die nächsten Stunden tief in abgelegene Gegenden Nordrhein-Westfalens führen würden. Je weiter wir kamen, desto enger wurden die Straßen, bis wir in der Dunkelheit nach etlichen Serpentinen endlich unsere Unterkunft erreichten – eine frisch renovierte Ferienwohnung, die uns sofort das Gefühl gab, am richtigen Ort angekommen zu sein. Der erste Abend verlief genauso, wie man ihn sich bei einem Weiterbildungswochenende wünschen würde: schnell noch ins Nachbardorf, Döner holen, ein paar gekühlte Getränke genießen, reden.
Vor allem reden. Über alte Angelerlebnisse, Vereinsgeschichte, Gewässerprojekte. Die Gläser leerten sich, die Vorfreude auf den Lehrgang wurde größer. Nur einer hatte es etwas schwieriger – er musste versuchen, neben Saschas Schnarchen einzuschlafen. Erwartungen an den Kurs hatten wir keine konkreten, aber die Hoffnung, dass uns nicht allzu trockene Behördenvorträge erwarten würden, war groß.
Montag – Ein holpriger Start und ein erster Höhepunkt
Am Montag konnten wir entspannt in die Woche starten. Der Kurs begann erst um 10:30 Uhr, also frühstückten wir in Ruhe und machten uns dann auf den Weg zum Veranstaltungsort. Die Begrüßung war freundlich, die Gruppe mit rund 20 Personen überschaubar. Der Einstieg war allerdings eher zäh: allgemeine Aufgaben des Gewässerwarts, ein Projektüberblick aus NRW, der mehr nach Verbandswerbung als nach Inhalt klang.
Doch am Nachmittag wendete sich alles. Der Vortrag zur Renaturierung der Diemel, gehalten von Jens Eligenhausen, war genau das, wofür wir hergekommen waren. Mehrjährige Maßnahmen, gebaggerte Nebenarme, strukturelle Verbesserungen, erfolgreiche Wiederansiedlungen – alles praxisnah, nachvollziehbar und inspirierend.
Es entwickelte sich ein richtig gutes Gespräch zwischen uns und dem Referenten, voller Ideen, Kontaktdaten und gegenseitiger Begeisterung. Als wir später in die Unterkunft zurückkehrten fing es an zu schneien – der erste Schnee des Jahres. Ein schöner Abschluss für einen Tag, der uns deutlich mehr Schwung gegeben hatte als erwartet.
Dienstag – Praxis, Kälte und ein unerwarteter Lacher
Dienstag war Praxistag – zumindest stand es so im Programm. Tatsächlich arbeiteten wir mit kleinen Chemiebaukästen, bestimmten grundlegende Wasserparameter und schauten Makrozoobenthos unter dem Mikroskop an. Vieles davon kannten wir bereits aus unserem FLOW-Projekt, aber es tat gut zu sehen, dass diese Grundlagen anderen Teilnehmenden erstmals vermittelt wurden.
Draußen schneite und regnete es im Wechsel, und die Probenahme war entsprechend kalt. Für Auflockerung sorgte Sascha, der mitten in Hundekot trat — ein Moment, der die allgemeine Kälte schnell vergessen ließ.
Die Inhalte selbst waren solide, aber für uns nicht besonders neu. Trotzdem blieb der Tag nicht belanglos, denn die chemischen Zusammenhänge wurden gut erklärt und wir bekamen ein kleines Bestimmungsheft für Makrozoobenthos mit.
Mittwoch – Limnologie, Fischkunde und ein intensiver Austausch
Der Mittwoch startete mit zwei Einheiten Limnologie: zuerst standen stehende Gewässer im Mittelpunkt, anschließend die grundlegenden Prozesse in Fließgewässern. Viele Inhalte waren uns bereits bekannt, aber es war hilfreich, das Wissen strukturiert und kompakt aufgefrischt zu bekommen.
Es folgte ein kurzer Überblick zur Fischkunde, bei dem verschiedene Arten und Merkmale vorgestellt wurden. Einige Bestimmungsdetails waren für uns neu, anderes erinnerte an bereits Gelerntes.
Am Nachmittag wurde ein Vortrag zum Thema Prädation und Gewässerverträglichkeit bestimmter Vogelarten gehalten. Dabei ging es sowohl um ökologische Zusammenhänge als auch um die Schwierigkeiten, die in der Verwaltungspraxis auftreten können. Das Thema wurde lebhaft präsentiert und von den Teilnehmenden mit großem Interesse aufgenommen.
Donnerstag - Ein Blick auf die Praxis und wo sie fehlte
Im Verlauf der Woche wurde deutlich, dass praktische Elemente eher die Ausnahme waren. Der Dienstag war der einzige Tag, an dem wir tatsächlich draußen standen. Viele Vorträge konzentrierten sich darauf, wie in NRW analysiert, gemessen und aktenkundig gearbeitet wird – mit Laborfahrzeugen und Strukturen, die es bei uns nicht gibt.
Ein besonders interessanter Moment war dennoch die Trophieermittlung über Sichttiefenmessungen. Dass diese Methode, statistisch abgesichert, nur rund 5 % von chemisch bestimmten Werten abweicht, öffnete uns neue Ideen für die Arbeit an unseren Gewässern.
Abends saßen wir zusammen und diskutierten mögliche Projekte: Temperatur-Sauerstoff-Profile, Grundanalysen am Podelsatz, Fragen zur Zirkulation über die Jahreszeiten hinweg, kleine Strukturmaßnahmen an unseren Bächen. Der Kurs setzte definitiv Gedanken in Bewegung.
Freitag – Trocken, aber notwendig
Der letzte Tag bestand hauptsächlich aus Fischereirecht — allerdings NRW-spezifisch. Für uns wichtig zu verstehen, aber wenig anwendbar. Dennoch nahmen wir einige interessante Punkte mit, wie etwa die Vorstellung digitaler Kartendienste und Hinweise zur Bestandsaufnahme mittels E-Fischen.
Und dann war die Woche plötzlich vorbei.
Unser Fazit
Wir vier — Torsten, Sascha, Max und Ole — blicken auf eine Woche zurück, die uns überrascht hat. Nicht immer inhaltlich brillant, nicht immer praxisnah, aber insgesamt wertvoll.
Wir nehmen mit:
echte Highlights wie den Renaturierungsvortrag
neue Kontakte
frische Motivation
zahlreiche Ideen für unsere lokale Gewässerarbeit
ein gemeinsames Verständnis davon, wo wir als Verein ansetzen möchten
Große Visionen wie eine sofortige Aufwertung unseres Saaleabschnitts sind inspirierend, aber wir sehen klarer denn je, dass kleine Schritte an kleineren Gewässern der richtige Anfang sind.
Am Ende steht die Erkenntnis: Wissen allein ändert nichts.Aber Wissen, Motivation und die richtigen Menschen gemeinsam – das kann sehr viel bewirken.
Und genau mit diesem Gefühl kommen wir von dieser Weiterbildungswoche zurück nach Jena.